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Chronik

Landreform im dänischen Gesamtstaat

Im Jahre 1766 nun wurde auf Initiative des Staatsmannes Johann Hartwig Ernst Graf Bernstorff das erste schleswig-holsteinische Landverteilungsgesetz formuliert. König Christian VII. erließ „Sub Dato Christiansborg den 10 Februarii Ao. 1766“ die „Verordnung betreffend die Beförderung der Einkoppelung und Aufhebung der Gemeinschaft der Dorfs-Felder und Eintheilung der bisher gemeinschaftlich genutzten Ländereien, Triften und Weiden etc. für das Herzogthum Schleswig.“

Ziel der Reform war es, den Flurzwang aufzuheben und den einzelnen Bauernhöfen effizient zu bewirtschaftende Flächen – „Koppeln“ – als Eigentum zuzuweisen. Im Jahre 1768 wurde zu diesem Zweck die Schleswig-Holsteinische Landkommission ins Leben gerufen. Diese Reform brachte das Ende der überkommenen Wirtschaftsweise und bedeutete nicht mehr und nicht weniger als das Ende des Mittelalters.

Die Maßnahmen wurden dabei nicht etwa einfach zwangsweise durchgesetzt. Das Verfahren, deren Regeln in der zitierten Verordnung festgelegt wurden, bezog die Landbewohner intensiv mit ein. Der Impuls zur Einrichtung der bäuerlichen Landwirtschaft beruhte auf guten Erfolgen, die in verschiedenen Bereichen Schleswig-Holsteins mit der neuen Wirtschaftsform bereits Anfang des 18. Jahrhunderts erzielt wurden. Die landesherrliche Regierung sah sich in der Verantwortung, dieses Gute ihren Untertanen nahezubringen, einerseits um deren „eigenes Bestes“ zu befördern, andererseits aber sicherlich auch, um bessere Erträge und damit höhere Steuereinkünfte hervorzubringen. Es war ein langer und schwieriger Weg, den die Obrigkeit hier beschreiten musste. Die Verkoppelung, wie dieser Vorgang allgemein genannt wurde, zog sich in vielen Dörfern über Jahrzehnte bis ins 19. Jahrhundert hin. Es regten sich Widerstand und Traditionalismus.

Verordnung, Betreffend die Beforderung der Einkoppelung und Aufhebung der Gemeinschaft der Dorfs-Felder und Eintheilung der bisher gemeinschaftlich genutzten Länderyen, Triften und Weiden etc. für das Herzogthum Schleswig.
Sub dato Christiansburg den 10. Februarii Ao. 1766. [Druckerei-Hinweis]

Wir Christian der Siebente, von Gottes Gnaden König zu Dännemark, Norwegen, der Wenden und Goten, Herzog zu Schlesig, Holstein, Stormarn und der Dithmarscher, Graf zu Oldenburg, Delmenhorst etc. Thun kund hiemit: Daß wie Unsere, gleich beym Antritt Unserer Erb-Regierung, auf das Aufnehmen und den Flor Unserer Reiche und Lande, gerichtete Landesväterliche Vorsorge, dahin gehet, nicht allein alle dazu dienliche Mittel ausfindig zu machen und zu veranstalten, sondern auch Unsere liebe und getreue Unterthanen aufzumuntern, daß sie selbsten Unsern desfälligen allergnädigsten Willen und Absicht, mit äußersten Fleiß und Eifer nach eines jeden Umstände, zu ihrem eigenen Besten zu befördern suchen, Wir daher allergnädigst erwegen lassen, wie die Landwirtschaft, wovon das Wohl eines Landes, größtentheils abhänget, möglichst verbessert, und denen sich dagegen äußernden Hindernissen, abgeholfen werden könne.

Da sich nun geäußert, daß der behörigen Cultur der Ländereryen, die, unter den Lodseigenem herschende gemeinschaftliche Nutzung derselben, besonders schädlich ist: So haben Wir nun solche, so weit thunlich einzuschränken, die Auslassung folgender Verordnung für das Herzogthum Schleswig, in Gnaden für gut gefunden. Inmassen Wir hierdurch und Kraft dieses allergnädigst verordnen und befehlen:

1) Daß nach dem Beyspiel der für Unser Königreich Dännemark in Annis 1758, 1759 und 1760 ergangenen Verordnungen es einem jeden Lods-Eigener und eigenthümlichen Land-Interessenten hinführo frey stehen soll, seine auf einer Stelle zusammen und für sich alleine liegende aus der gemeinen Weide genommene und ihm angewiesene Länderyen, Aecker etc worin niemand anders einige Gerechtigkeit oder einigen Antheil hat, einzuhegen, und er dagegen von seinem vorher gehaltenen und auf der Commune geweideten Vieh diejenige Anzahl abziehen müsse, wozu dieses ein gehegte Stück angeschlagen ist und nur das überscheiessende auf die gemeine Weide treiben lassen darf; so wie er auch die Kosten und Unterhaltung der Einhegung allein zu übernehmen hat, bis seine Nachbarn auch dazu schreiten, die sodann, so weit die Koppeln zusammen stossen, pro rata die Befriedigung mit zu unterhalten haben; doch wird Kirchenstuf, das ist Land, welches in uhralten Zeiten den Kirchen oder deren Bedienten geschenkt ist und dann das sogenannte Ornum, als Land, das nicht zu den Marken Goldes gehört, nach der Vorschrift des Jütschen Lov-Buches von der Vermeß- und Vertheilung ausgenommen.

2) Daß wenn 2/3 einerf Dorfschaft, nach Pflug- und nicht nach Kopfzahl gerechnet, die Separation eines diesem Dorf allein zugehörigen Stück Landes beschlossen hat, die üpbrigen diesem Schlusse beizutreten verbunden seyn sollen.

3) Daß was die Felder und Übertriften anlanget, worinn einige Dörfer Antheil haben und gemeiniglich zur Viehgräsung gebrauchet werden, so bald ein Dorf oder die Dorfs-Einwohner, welche 2/3 der Pflug-Zahl des Dorfs ausmachen, für gut finden, ihren Antheil von diesem lande erst Dorfs- und denn wieder unter sich Pflug-Zahl-Mark-Goldes oder Oettingsweise für sich allen abzutheilen und einzuhegen, solches diesem Dorfe zu verstatten und die anderen Dörfer solches zu hintertreiben nicht befugt seyn sollen.

4) Daß wenn 2/3 einer Dorfschaft sich hierüber nicht vereinbahren können, sondern nur die mehrsten oder ein grosser Theil einer Dorfschaft auf die Separation dringet sodann sich von verständigen und unpartheyischen, von jeden Orts Amtmann zu ernennden Land-Wirthen untersuchet und per ocularem inspectionem in nähere Gewißheit gesetzet werden soll:
a.) ob die vorhabende Theilung möglich sey?
b.) ob guter Vortheil davon zu hoffen? und
c.) contradicentes etwa besonderen Nachtheil dabey zu befrüchten haben?
Wenn nun diese Punkte deutlich aus einander gesetzet und eine Untersuchungs-Acte verfertiget worden, so soll dieselbe dem Amtmann vorgeleget und mit dessen Zuziehung der Ausspruch gefället werden.

5) Daß bey der Separation der gemeinschaftlichen Weiden etc. zur Regul zu nehmen ist, daß die Kätener oder Dorfs-Innsten die Weide auf so viel Stücke Vieh, als sie vorher genossen, behalten müssen. Es ist aber durch die von unpartheyischen Sandleuten zu beschaffende Bonitirung der Ländereyen zu bestimmen, wie viel Ruthen Landes zur Gräsung einer jeglichen Kuhe nach Landes-Art zu rechnen sey und so viel ist denn einem jeden Kätener etc. doch so, dass er es von seiner Kate zu trennen auf keine Weise befugt iat, zu seinem Eigenthum zuzutheilen, der demnächst solches sein Land gleich andere Eigenthums-Besitzere ebenfalls einzufriedigen gehalten seyn soll. Uebrigens müssen die Kätener, wenn sie solchergestalt bey Aufhebung der Gemeinschaft der Weiden entweder von den gemeinschaftlichen Dorfs-Feldern oder von eines einzigen Hufeners oder Bohls-Besitzers Lande statt der in diesen Feldern oder Baur-Hofe gehabten Weide Gerechtigkeit ein gewisses Stück Land erhalten resp. der Dorgfschaft oder dem Hufener, so von dem gesamten Land mithin auch von demjenigen contribuiren, was die Kätener davon bekommen, das Weide-Geld, welches sie von jeher dafür entrichtet haben, fernerhin bezahlen; jedoch mit der Veränderung, dass sie sothanes Weidegeld anstatt es an die Beykommende unmittelbar abgetragen, es künftighin solches, nach einer von den Baier-Vögten der Richtigkeit halber zu attestirenden Specification an jeden Districts Amtstube entrichten, wohingegen der Betrag dieses Weide-Geldes in den zu Unserer Rente-Kammer Approbation einkommenden jährlichen Amts-Anlage Rechnungen der beykommenden Dorfschaft oder den Hufenern zu gute berechnet mithin so viel weiniger über die Anlage-Gelder repartiret und von ihnen aufgebracht werden soll.

6) Daß wenn ein Kätener oder Innste, der noch keine Kate hat, bey der Gelegenheit aber, daßm er bey der Theilung der gemeinen Weide ein gewisses Grundstück erhält, darauf eineKate bauet nebst dem vorher benannten Weide-Gelde, das gewöhnliche Schutz-Geld oder sogenannten Katen-Thaler als eine personelle Abgift nach wie vor an Unsere Casse zu erlegen schuldig seyn soll.
7) Daß die Einfriedigung so viel als möglich zu beschleunigen und von allen Beykommenden zu betreiben; jedoch wird in dem Fall, wenn die Kräfte derer Eigener nicht hinreichend sind, bis zu ihrer gäntzlichen Vollendung eine Frist von vier Jahren verstattet und festgesetzet. Uebrigens ist in Ansehung der mit der heilung und Einkoppelung der Ländereyen hiezu zu leistenden Concurrenz zu observiren, dass nach Anleitung einer im Jahre 1762 ergangenen Verfügung der Gemeine auf die Prediger Ländereyen kommenden rata der Kosten quæst. 2/3, dem Prediger hingegen nur 1/3 auferleget werden müsse.
8) Daß, obzwar ordentlicher Weise in dieser öconomischen Angelegenheit kein Rechts-Gang zu verstatten, doch das Remedium Supplicationis nicht zu versagen ist und sodann untersucht werden soll, ob ein ordendtliches Verhör bewandten Umständen nach zu verstatten sey oder nicht. Und endlich
9) Daß, wenn die Eingesessene eines Dorfes zu verschiedenen Aemtern und also zu verschiedenen Jurisdictionen gehören, diese in Ansehung gegenwärtiger Verfüguing kein Hinderniß oder Unterschied machen soll, ausser daß in denen von der Amts-Obrigkeit zu bestimmenden Punkten die beyden Amtmänner, deren District es betrift, sich vereinbahren und das behörige gemeinschaftlich besorgen und verfügen müssen.
Wornach ein jeder, den es angeht, sich allerunterthänigst zu achten hat. Uhrkundlich unter Unserm Königlichen Handzeichen und beygedruckten Innsiegel. Gegeben auf Unserer residenz Christiansburg, den 10. Februar 1766. Christian R. [Kanzlei-Unterschriften]