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Chronik

Allmende

Im 18. Jahrhundert gehörte Sylt zum dänischen Gesamtstaat. Nach dem Sieg der dänischen Krone über die Gottorfer Herzöge, der 1721 besiegelt wurde, waren die seit dem Mittelalter ausgetragenen dynastischen Auseinandersetzungen um das Herzogtum Schleswig endgültig beigelegt. Außer dem Listland, das bereits seit dem 15. Jahrhundert unmittelbar zum Königreich Dänemark zählte, war die Insel Sylt Teil dieses Herzogtums, das nun – die Könige von Dänemark waren in Personalunion zugleich Herzöge von Schleswig – ebenfalls von Kopenhagen aus regiert wurde.

Der Gesamtstaat galt im damaligen Europa als besonders fortschrittlich und reformfreudig. Zu den folgenreichsten Maßnahmen für die Landwirtschaft gehörte die Verkoppelung, die Schaffung von bäuerlichem Privatbesitz. Bis dahin war die gemeinschaftliche Bewirtschaftung von Acker-, Weide- und auch Ödland weithin der Normalfall.

Die Regeln der Allmende stammten aus dem hohen Mittelalter. Bis dahin war die Bewirtschaftung des Landes an ritterliche oder fürstliche Höfe gebunden, die ihre Untergebenen auf ihren Besitzungen fronen ließen. Es erwies sich dann aber als effizienter – das zeigte ganz einfach die alltägliche Erfahrung – die Bauern auf Land wirtschaften zu lassen, für das sie selbst verantwortlich waren. Das von den einzelnen Bauern bewirtschaftete Land bestand dabei zunächst aus kleinen Parzellen direkt bei den Höfen.

Durch Rodung und andere Ausbaumaßnahmen erweiterte sich das Land aber sodann. Und diese neuen Dorffelder wurden dann, und zwar diesmal in Verantwortung des Dorfes und seiner Gemeinschaft. wieder gemeinsam genutzt. In Skandinavien, in dessen staats- und auch wirtschaftsgeschichtlichen Zusammenhang das Land bis zur Eider und damit auch die nordfriesischen Utlande gehörte, lässt sich diese Entwicklung anhand von Bestimmungen in den Landrechten des 12. und 13. Jahrhunderts nachvollziehen.

Auf Sylt bildete die Allmende insbesondere nach den tiefgreifenden Veränderungen der Landschaft durch die Fluten des 14. Jahrhunderts, vor allem die „Grote Mandränke“ von 1362, die weite Teile des ehemaligen Agrarlandes zerstörte, eine unbedingt notwendige Ergänzung zum Ackerland, denn nur ein ausreichender Viehbestand ermöglichte eine Düngung der armen Sandböden. Die Nutzungsrechte an der Allmende richteten sich nach der Hofgröße der Bauern und waren unveräußerlicher Bestandteil des jeweiligen Hofes. Die Ackerländereien waren diesen Ansprüchen gemäß in schmale Streifen eingeteilt. Die Bewirtschaftung konnte nur gemeinsam geschehen, da es zu den einzelnen Stückchen keine separaten Zuwege gab. Es herrschte „Flurzwang“. Der Chronist Rolf Spreckelsen schreibt dazu: „Der … Flurzwang war sicherlich der intensiveren Nutzung der Äcker nicht zuträglich. Wegen der fehlenden Zuwegungen zu den einzelnen Gewannen mußten einzelne Flurlagen an bestimmten Tagen zusammen gepflügt, besät und abgeerntet werden. Das Abernten richtete sich dabei in den meisten Fällen nach dem Feld, das zuletzt reifte, so konnte es geschehen, daß die Frucht auf den Feldern liegen blieb, weil sie wegen Überreife bereits ausgefallen war. Dieser Flurzwang bestand nicht nur für Pflugland, sondern auch für Wiesenflächen.“ (Spreckelsen 1981, S. 116) Auch die Nutzung der Heideflächen zur Gewinnung von „Plaggen“ für die Düngung des Ackerlandes war nach den Regeln des Flurzwanges gestaltet.